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„Conni ruft sehr starke Kindheitserinnerungen wach“

Bild: Lea Weber

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Lea Weber, 23, studiert an der Goethe-Universität in Frankfurt Germanistik und Kunst. Für ihre Abschlussarbeit im Fach „Kunst/ neue Medien und kulturelle Bildung“ hat sie die beliebte Kinderbuch-Figur Conni erwachsen werden lassen – und das Gender-Pay-Gap thematisiert. Wir haben mit ihr darüber gesprochen.

Jetzt: Lea, für die Abschlussarbeit hast du ein Conni-Pixi-Buch gestaltet. Aber das war nicht die eigentliche Arbeit, oder?

Lea Weber: Nein, noch ist meine Arbeit im Prozess, Mitte Februar kommt erst die Abgabe. Denn mir geht es bei der Arbeit gar nicht so sehr um das Bild, das ich auf Instagram gepostet habe, sondern um die Reaktionen, die ich darauf in den sozialen Medien bekomme.

Wolltest du denn mit dem Bild provozieren? In erster Linie wollte ich zum Nachdenken, Diskutieren und Weiterdenken anregen. Mein Ziel ist, mit dem Bild für Diskussion zu sorgen. Und zu dokumentieren, was ich mit meiner Arbeit auslösen kann und wie die Reaktionen ausfallen. Ich will herausfinden, wie sich der Diskurs entwickelt und auf welche Weise ich zum Diskutieren anregen kann. Deshalb möchte ich, dass das Bild in den nächsten Wochen so viel wie möglich gesehen wird, damit ich so viele Reaktionen wie möglich bekomme.

Worüber sollen die Menschen diskutieren?

In meiner Arbeit habe ich das Gender-Pay-Gap von 21 Prozent thematisiert. Und natürlich kamen auch schnell kritische Kommentare, die auf das bereinigte Gender-Pay-Gap von sechs Prozent hingewiesen haben. Meine Idee war, dass man mit diesem Bild als Ausgangspunkt beginnt, sich mit dem Thema auseinander zu setzen: Warum gibt es einen Gehalts-Unterschied bei Männern und Frauen? Welche strukturellen Ungleichheiten stecken dahinter? Und warum werden einmal 21 Prozent genannt und einmal sechs Prozent?

Wie viele Reaktionen brauchst du denn für die Arbeit?

Ich habe alleine schon in den ersten paar Tagen viel mehr Reaktionen bekommen, als ich jemals erwartet hätte. Mein Bild hat fast 3000 Likes und mehr als 80 Kommentare. Fast 500 Leute haben das Bild abgespeichert. Am Anfang habe ich noch Screenshots gemacht, wenn jemand das Bild in den Stories verwendet hat, aber als ich vorgestern bei 200 Screenshots war, hab’ ich aufgehört zu zählen.

Hattest du das meiste so erwartet oder warst du schon auch überrascht?

Mich hat vor allem überrascht, wie lange ich ausschließlich positive Kommentare hatte. Im Vergleich dazu sind die kritischen Kommentare sehr gering. Aber selbst über die habe ich mich gefreut, weil die Kritik ja zur Diskussion anregt.

Hast du Angst davor, dass dein Bild in eine ganz andere Filter-Bubble gerät? Also zum Beispiel zu Rechten oder Maskulisten?

Natürlich habe ich ein wenig Sorge und obwohl ich wirklich nicht darauf anlege, würde es mich nicht wundern, wenn bald der erste Kommentar von rechts kommt. Aber ich glaube dann doch, dass sich das, sollte es vereinzelt bleiben, von selbst löst – auch durch die Conni-Community, die ich ja schon erreicht habe. Auch jetzt habe ich ja schon kritische Kommentare, die ich überhaupt nicht kommentieren musste, das haben andere User erledigt.

Und hast du schon etwas von den Rechte-Inhabern der Marke „Conni“ gehört?

Ich denke, die werden das bald mitbekommen und bin sicher, dass sie sich bei mir melden werden. Aber ich kann überhaupt nicht abschätzen, ob die das cool finden oder mir Ärger machen. Aber ich habe das Bild natürlich so gestaltet, dass ich damit keine Markenrechte verletze: Ich habe auf das Original-Logo von Pixi verzichtet  und das Bild als Collage selbst entworfen und gezeichnet.

Conni ist eine Figur aus Kinderbüchern, die Kinder lieben und deren Eltern tierisch auf den Zeiger geht, weil sie und ihre Familie immer alles perfekt hinkriegen. Welche Verbindung hast du denn zu der Figur?

Das erste Conni-Buch kam 1992 heraus – also sind die meisten Menschen zwischen 20 und 30 mit ihr aufgewachsen, sie ruft sehr starke Kindheitserinnerungen wach. Auch ich bin mit Conni groß geworden. Und die Idee, ein Cover mit neuen Titeln zu erstellen, hatte ich schon lange. Das wurde irgendwann in meiner Familie zu einer Art „Running Gag“. Wir haben uns immer neue Titel für die erwachsene Conni ausgedacht, wie „Conni geht zum Steuerberater“ oder „Conni kann ihren Studienkredit nicht zurück zahlen“.

Wie erscheint dir die Figur jetzt?

Weil ich viele Jahre keine Berührung mit der Figur hatte, ist mir eigentlich erst im Laufe meiner Recherchen aufgefallen, was für ein unrealistisch-perfektes Familienbild da präsentiert wird – und wie althergebracht die Rollenverteilung in den Büchern dargestellt wird. Ich finde es sehr kritisch, wenn schon Kleinkindern dieses Bild als Realität vermittelt wird.

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