Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

Horror-Party: Der overhypte 18. Geburtstag

Die Party war so langweilig, da kamen ein paar Jungs auf die Idee, die Stimmung mit Ecstasy wieder aufzulockern.
Illustration: Daniela Rudolf-Lübke

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

Wir alle vermissen Partys – und vergessen dabei leicht, dass Feiern nicht immer nur spaßig ist. In dieser Serie erzählen wir deshalb von den schlimmsten Partys, auf denen wir in unserem Leben waren. Viel zu viel Alkohol, grauslich langweilige Verwandte, emotionale Tiefpunkte – es gibt ja viel, das eine Feier vermiesen kann. Falls du selbst von einer schlimmen Party erzählen willst: Schreib uns eine Mail an info@jetzt.de! 

 

  • Horrorstufe: 9 von 10

  • Center of Attention: Ein viel zu großer, gemieteter Partyraum 

  • Trinkverhalten: Alkohol hat’s auch nicht besser gemacht

Den 18. Geburtstag stellt man sich bekanntlich sehr besonders vor. Und sehr besonders wollte sich auch eine Freundin von mir an ihrem Achtzehnten fühlen. Also mietete sie einen riesigen Raum – lud dafür aber ziemlich wenige Gäste ein. Klar, das muss noch nichts heißen. Aber die Bedingungen waren dadurch leider von Anfang an nicht besonders gut: Statt Dunkelheit und Partylichtern beleuchtete grelles Deckenlicht den Raum. Statt Partymusik gab es einen Hobby-DJ, der nur die Lieblings-Punk- und K-Pop-Musik der Gastgeberin spielte und ab und an ein paar Chart-Hits anklickte. Statt Stimmung saßen Menschen am Rand des Raumes auf Holzbänken, tranken eine wilde Bowle-Mischung und hofften inständig, davon schnell betrunken zu werden.

„Die Party war so mies, dass ein Drogentrip sie eigentlich nur noch schlimmer machen konnte“

Um ihrem 18. Geburtstag einen Hauch von Verwegenheit zu verpassen, hatte die Gastgeberin auch ein paar Bekannte eingeladen, die nicht unbedingt von jeder Person gerne gesehen, aber zumindest für ein Mitbringsel immer gut waren: viel Gras. Die halberwachsenen Möchtegern-Dealer im Jogginganzug mischten sich dann unter die restlichen Gäste: ein paar K-Pop-Freunde der Gastgeberin, die aussahen, als hätten sie noch nie Alkohol getrunken, daneben einige Gamer*innen, die sich verängstigt an die Wand drückten. Dazwischen gab es dann zum Glück noch ein paar enge Freund*innen wie mich, die trotz allem das Beste daraus machen wollten und versuchten, die Gastgeberin abzulenken. Denn wir wollten natürlich auf keinen Fall, dass das Geburtstagskind, das sich seit Wochen auf den 18. Geburtstag gefreut hatte, mitbekam, wie unfassbar langweilig die Party tatsächlich war.

Um dieser unangenehmen Situation zumindest ein bisschen zu entfliehen, hatten die schon erwähnten eingeladenen Jungs eine vermeintlich grandiose Idee: Ecstasy. Das hatten sie nämlich neben reichlich Gras in ihren Hosentaschen. Das Problem dabei war: Die Party war so mies, dass ein Drogentrip sie eigentlich nur noch schlimmer machen konnte. Das kleine Experiment der Jungs sprach sich außerdem auch schnell rum. Die Jungs beschlossen deshalb, sich mit Techno aus ihren Handylautsprechern auf der Toilette zu verschanzen, um den erwartungsvollen Blicken und der störenden Punk-Musik zu entkommen.

Auch wenn die Gastgeberin ihre Party bestimmt nicht auf diese Weise unvergesslich gestalten wollte, hatte sie es dennoch geschafft. Ich werde mich immer erinnern, wie diese drei viel zu großen, aber kaum erwachsenen Jugendlichen auf zwei Quadratmetern in der Männertoilette zusammengepfercht hockten – einer auf dem Klo, die anderen auf dem kalten, dreckigen Boden drum herum. Ich versuchte währenddessen immer noch, die Stimmung ein bisschen zu heben. Ich pendelte quasi zwischen der Toiletten-Gruppe und den restlichen Gästen und versuchte irgendwie, die Gruppen wieder zusammenzubringen – leider ohne Erfolg.

Aber wenigstens einer hatte tatsächlich den Spaß seines Lebens auf dieser Party. Ein Freund aus der Schule, der bekannt dafür war, alles auszuprobieren, hatte aus Neugier mitgemacht – und zum ersten Mal Ecstasy genommen. Und während die drei anderen Jungs fast zwei Stunden lang auf der Toilette hockten, kam er irgendwann in den Partyraum und tanzte ziemlich wild umher. Manche lachten ihn zwar aus – aber tatsächlich muss man ihm lassen, dass er mit seinem Tanzen und seiner mehr als glücklichen Ausstrahlung die Stimmung lockerte. Alle hatten etwas zum Lachen und auch meine Laune wurde sofort besser.

„Die Ausreden, warum alle so früh gehen mussten, waren peinlich, teilweise wirklich verzweifelt“

Nur einer von uns gefiel die Tanzeinlage gar nicht: der Gastgeberin. Denn diese Feier war ja schließlich ihr 18. Geburtstag! Und sie fand scheinbar: da sollte die gesamte Aufmerksamkeit ihr gelten. Anstatt also die Gunst der Stunde zu nutzen, und zum Beispiel einfach mitzutanzen sagte sie laut: „Ja ist doch gut jetzt!“, holte ihre viel zu große Sahne-Torte und stellte sie mitten im Raum auf einen Tisch. Damit begann ihre Mission: die Rückeroberung der Aufmerksamkeit! 

Und das war dann auch wirklich die Krönung dieser miesen Party: Wir alle mussten uns in einem Kreis rund um das Geburtstagskind setzen und dann über eine Stunde lang dabei zuschauen, wie sie jedes Geschenk einzeln auspackte, sich darüber freute oder zumindest so tat, und sich bei der jeweiligen Person dann noch ausgiebig dafür bedankte. Bis heute bin ich einigermaßen ratlos, was dieser Teil der Party eigentlich sollte: War das ihre Vorstellung eines perfekten Geburtstages, oder einfach ein letzter, verzweifelter Versuch, den Abend zu retten?

Auch die Jungs vom Klo hatten sich irgendwann wieder dazugesellt, und kurz nach Mitternacht verabschiedeten sich auch die Allermeisten, ich ebenfalls. Die Ausreden, warum alle so früh gehen mussten, waren peinlich, teilweise wirklich verzweifelt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass irgendjemand sogar meinte, sie müsse noch ein Referat für den nächsten Tag vorbereiten – dabei waren eigentlich Ferien. 

*Unsere Autorin ist mit der Gastgeberin gut befreundet und will sie nicht verletzen, deshalb will sie anonym bleiben, ist der Redaktion aber bekannt. 

  • teilen
  • schließen