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„Eigentlich schmeißt du dein Leben weg“

Das Paar findet, dass Kinder hauptsächlich Lärm, Dreck und Ärger machen. Das wollen sie sich ersparen.
Illustration: Federico Delfrati

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Vater + Mutter = Kind – das war einmal. Heute ist die Frage nach der Familienplanung hochpolitisch. Will man überhaupt welche? Was bedeutet das für die Beziehung? Und wenn man sich dafür entscheidet – geht das dann so einfach? In dieser Kolumne erzählen Menschen von ihrer Entscheidung für und gegen Kinder. 

Luisa, 24, und Markus, 26, sind seit acht Jahren ein Paar. Kinder wollen sie jedoch definitiv keine. Beide heißen eigentlich anders, wollen ihre Namen hier aber nicht lesen.

Luisa: Wir haben uns in einer Jugendgruppe kennengelernt. Nach einigen Treffen kam es damals zum ersten Kuss und da haben wir uns auch gleich gesagt, dass wir uns lieben. Das ist nun bald acht Jahre her und vor zwei Jahren hat Markus mir einen Antrag gemacht – da habe ich natürlich Ja gesagt. 

Markus: Nach einer so langen Beziehung standen Themen wie Hochzeit und Kinder natürlich irgendwann im Raum. Ich bin – offensichtlich – ein Fan vom Konzept der Ehe, bei Kindern ist das allerdings anders. Als wir mit 16 und 18 Jahren zusammengekommen sind, haben wir darüber natürlich noch nicht nachgedacht, doch mit der Zeit wurde uns beiden klar, dass wir – auch unabhängig voneinander – keine Kinder haben wollen.

Luisa: Ich habe das relativ früh gemerkt. Ich wurde ständig gefragt, ob ich nicht bei Bekannten mal Babysitten wolle. Das habe ich aber immer dankend abgelehnt. Mir war das zu anstrengend, ich fand das total doof.

Markus: Ich war zwölf Jahre alt, als meine Tante und mein Onkel mit dem Kinderkriegen begonnen haben. Als ich sie dann besucht habe, war mir das eigentlich immer lästig mit den kleinen Kindern. Mittlerweile habe ich noch eine Nichte, die finde ich auch wirklich niedlich. Aber seit die Kleine da ist, haben wir zu ihren Eltern natürlich auch weniger Kontakt. Da ist nicht mehr so drin, spontan zu Besuch zu kommen oder gemeinsam wegzufahren.

Für mich spricht einfach Vieles gegen Kinder: Sie sind dreckig, eklig, unselbstständig

Luisa: Einmal waren wir mit denen zusammen im Urlaub und haben Wand an Wand mit ihnen geschlafen. Zu der Zeit hat die Kleine gerade Zähne bekommen. Es war schrecklich. Sie hat vor Schmerzen nur gebrüllt, wir haben kaum ein Auge zugetan. Am nächsten Tag waren wir total fertig, mussten aber – als das Kind geschlafen hat – selbst auf Zehenspitzen durch die Wohnung schleichen. Und am nächsten Tag um fünf Uhr morgens ging es dann wieder von vorne los.

Markus: Wir waren tatsächlich irgendwann so müde, dass wir uns eine Ausrede überlegt haben, weshalb wir nun dringend einen Tag früher nach Hause fahren müssen. Als wir dann wieder daheim waren, war das eine große Erleichterung. Dieser Urlaub war für uns echt nochmal die Schocktherapie, die uns gezeigt hat: Das wollen wir nicht. Als Eltern hast du das Geschrei und die Schlaflosigkeit ja über Jahre. Mit einem Kind ändert sich so vieles, eigentlich schmeißt du dein Leben weg. Für mich spricht einfach vieles gegen Kinder: Sie sind dreckig, eklig, unselbstständig, man wird vollgesabbert, angekotzt und muss Windeln wechseln. Alles einfach nicht schön.

Luisa: Mich stört vor allem das Chaos und dass es schwierig ist, ihnen alles zu erklären, wenn sie noch klein sind. Ich möchte einfach Entspannung in meinem Leben und das ist mit Kindern nicht möglich. Wir kennen auch nur Eltern, die viel jammern, weil es so anstrengend ist, die total fertig sind und zu wenig schlafen. Dazu kommen noch Geschichten von Horror-Schwangerschaften. Das macht einem wirklich keine Lust aufs Kinderkriegen.

Markus: Geld und Karriere sind weitere Gründe, weshalb wir keine Kinder möchten. Wir wollen beide einen Job haben, der uns erfüllt und diesen auch ausleben. Dafür sind wir auch gerne bereit, 50 Stunden die Woche zu arbeiten. Wir wollen Karriere machen und gut verdienen, sodass wir viel reisen und uns auch mal Luxus-Urlaube gönnen können. Mit einem Kind hingegen ist das alles nicht so möglich, du musst ganz anders planen und bist einfach nicht mehr so flexibel.

Luisa: Wir merken das ja jetzt schon bei unserer Katze. Da müssen wir auch vorab immer jemanden finden, der sich kümmert, bevor wir mal wegfahren können. Das ist schon genug Verantwortung.

„Markus' Eltern waren nicht so glücklich über unsere neue Zwei-Zimmer-Wohnung“

Luisa: Meine Schwester fragt nach wie vor, ob wir bald Kinder bekommen. Ich sage dann jedes Mal: „Die musst du schon selber kriegen.“ Mich nervt es, dass die Gesellschaft von einem erwartet, dass man irgendwann Kinder bekommt und man sich immer rechtfertigen muss. Schließlich ist es nicht jedermanns Lebenstraum, Mutter zu werden. Meiner war das nie. Ernstgenommen wird das aber häufig nicht. Ich glaube, auch unseren Eltern wurde erst so richtig klar, dass wir es wirklich ernst meinen, als wir gesagt haben: „Da gibt es diese schöne Zwei-Zimmer-Wohnung und die haben wir jetzt gekauft.“ Meine Eltern haben sich gefreut, weil sie in den nächsten Jahren eh noch nicht Großeltern werden möchten, doch Markus Eltern wirkten nicht besonders glücklich darüber.

Markus: Für sie war dann natürlich auch klar, dass das in den nächsten zehn Jahren wohl erstmal nichts wird mit Nachwuchs. Ob sich das nochmal ändert, weiß man natürlich nie, doch vorstellen können wir uns das eigentlich nicht.

Luisa: Sollte es dennoch mal ungeplant passieren, dass ich schwanger werde, dann würden wir definitiv abtreiben. Sollten wir die Schwangerschaft allerdings zu spät bemerken, dann müssten wir uns echt überlegen, was wir machen, darüber haben wir noch nicht so nachgedacht. Sterilisieren lassen würde ich mich dennoch nicht, den Eingriff finde ich dann doch zu krass und abgesehen davon würde kein Arzt das in unserem jungen Alter schon durchführen. Eben weil sich die Meinung ja doch nochmal ändern kann.

Wenn, dann würden wir auf jeden Fall eine Nanny engagieren, egal, was uns das kostet

Markus: Natürlich kann es auch sein, dass einer von uns später doch Kinder haben möchte. Für viele Paare ist das sicherlich ein Trennungsgrund. Für uns definitiv nicht. Da müsste man dann drüber sprechen, was man macht und ob man doch noch ein Kind bekommt. Wenn, dann würden wir aber auf jeden Fall eine Nanny engagieren, egal, was uns das kostet.

Luisa: Viele werden ja heutzutage auch spät Mutter, so ab Mitte 30 bis Anfang 40. Von daher habe ich sogar noch Zeit, wenn ich es mir anders überlegen sollte.

Markus: So oder so werden wir aber genug Kinder um uns haben. Wir beide haben Geschwister und die wollen definitiv Kinder.

Luisa: Deshalb haben unsere Eltern wohl auch auf unsere Abneigung gegen das Kinderkriegen noch halbwegs gut reagiert. Markus Eltern sind schon Oma und Opa und meine werden es definitiv noch werden. Daher haben wir beide auch keine Angst, dass ein Leben ohne Kinder eine Fehlentscheidung sein könnte oder wir im Alter einsam sein werden. Wir haben eine große Familie, in der sicher immer jemand da sein wird, wenn wir mal Hilfe brauchen.

Markus: Und bis dahin ist ja noch viel Zeit. Wir werden unser Leben als Double-Income-No-Kids-Pärchen jedenfalls in vollsten Zügen genießen. Natürlich werden wir beide auch viel arbeiten, aber die Zeit, die wir dann zusammen haben, wird intensiver sein und wir können uns einfach mal richtig was gönnen. Da freue ich mich schon drauf.

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