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Mommy-Kolumne, 27: Wie man sich nach der Geburt in seinem neuen Körper fühlt
In dieser Kolumne geht es um Schwangerschaft und Eltern-Sein, um die Hürden, das Glück, die Mythen rund ums Thema Baby. Unsere Autorin ist Mutter einer dreijährigen und einer einjährigen Tochter. Folge 27: Wie das Mutterwerden den Körper verändert – und wie man seinen Frieden damit schließt.
Neulich wurde mir bei Instagram das Reel einer jungen Mutter in den Feed gespült. Sie hatte ihren Körper vor der Schwangerschaft gefilmt, währenddessen und danach. Was mir an dem Reel besonders gefällt ist gar nicht vorrangig, dass es eindrücklich die sichtbaren Veränderungen zeigt, die eine Schwangerschaft am Körper hinterlässt (und ich meine nicht Dehnungsstreifen oder hängende Brüste). Das eigentlich Tolle an diesem Reel ist die Ausstrahlung der Frau, die in jedem Teil des Videos glücklich wirkt. Jede Körperphase scheint sie komplett zu akzeptieren, ihren Körper für seine enorme Leistung zu feiern.
Das war bei mir nicht so. Vor einem Jahr habe ich sogar einen großen Essay über den Struggle mit meinem neuen Körper geschrieben. Denn der ist seit den Kindern ein ganz anderer. Er sieht nicht nur anders aus als zuvor, er fühlt sich auch anders an. Erst heute, eineinhalb Jahre nach der Geburt meiner zweiten Tochter, kann ich sagen: Ich fühle mich wieder wohl in meinem Körper.
Unmittelbar nach den Geburten meiner Töchter hingegen fühlte sich mein Körper an wie eine aufgebrochene Verpackung. Mein riesiger Schwangerschaftsbauch hatte nicht nur meine Haut strapaziert, sondern auch Muskeln überdehnt, und wo eben noch die Plazenta gesessen hatte, klaffte nun eine große Wunde in meiner Gebärmutter. Ich war glücklich, aber fühlte mich unglaublich schwach und körperlich instabil. Auch Harn- oder Stuhlinkontinenz und Hämorrhoiden sind nicht selten eine Folge der körperlichen Belastung durch Schwangerschaft und Geburt, ebenso wie eine Rektusdiastase, ein großer Spalt zwischen den Bauchmuskeln, den der Schwangerschaftsbauch reißt. Der war und ist bei mir so groß, dass ich noch heute direkt unter der Haut meinen Darm spüren kann. Das ist nichts Ungewöhnliches: Bei einem Drittel der Frauen ist der Bauchmuskelspalt auch ein Jahr nach der Schwangerschaft noch größer als zwei Zentimeter.
Es gibt kein „Bouncing-Back”
Überhaupt scheint so ziemlich jedes Symptom in den Wochen und Monaten nach einer Schwangerschaft normal zu sein, egal ob Depressionen, Schmerzen beim Sex, Stuhlinkontinenz oder größere Füße. Vieles davon wird mit der Zeit von allein wieder, unterstützt auch von Rückbildungsübungen. „Neun Monate kommt’s, neun Monate geht’s” heißt es deshalb auch im Volksmund. Soll so viel heißen wie: So lange, wie der Körper sich in der Schwangerschaft verändert hat, braucht er auch, um diese Veränderungen wieder rückgängig zu machen. Nur ist dieses Versprechen eine Lüge. Ein „Bouncing-Back“, eine Rückkehr zum Körper vor der Schwangerschaft gibt es nicht. Denn einige Veränderungen bleiben für immer – welche und wie stark, das ist von Frau zu Frau unterschiedlich. Natürlich gibt es auch Frauen, „denen man ihre Kinder gar nicht ansieht“. Übrigens ein Kompliment, das ich absolut furchtbar finde. Gemeint ist, dass sie immer noch jung, dünn und straff aussehen, obwohl sie eine oder mehrere Schwangerschaften hinter sich haben. Oder anders: Sie entsprechen immer noch dem Schönheitsideal einer jungen Frau, einer Nicht-Mutter.
Allein mit Sport und Ernährung lässt sich das übrigens nicht erreichen, die größte Rolle bei den körperlichen Veränderungen durch eine Mutterschaft spielen die Gene. Viele dieser Veränderungen sind aber auch gar nicht sichtbar, schon gar nicht für Außenstehende. Nur die Betroffenen sehen oder spüren sie. Zum Beispiel Beckenbodenprobleme. Die Bänder und Muskeln, die unsere Organe an ihrem Platz halten, werden durch das zusätzliche Gewicht in der Schwangerschaft und den Druck während einer vaginalen Geburt extrem überdehnt. Organabsenkungen und Inkontinenzen können auch langfristig Folgen davon sein – und nur bei der Hälfte der Betroffenen helfen Beckenbodenübungen dagegen. Ich merke meinen Beckenboden auch heute noch deutlich beim Joggen. Trampolinspringen mit den Kindern? Nur mit Vorsicht, um keine Stressinkontinenz zu provozieren.
Heute wiege ich sogar etwas weniger als vor meiner letzten Schwangerschaft – aber meine Hosen von damals kneifen, meine Shirts spannen an den Oberarmen. Mein Bauch ist noch immer gewölbt, übersät von perlmuttfarbenen Narben. Mit mehr Sport und einer Diät könnte ich natürlich noch mehr abnehmen, aber auch das ändert nichts daran: Mein Körper ist unwiderruflich ein anderer. So wie bei der jungen Mutter im Insta-Reel, die in den Kommentaren von manchen dafür gefeiert, von anderen auf ihren angeblich „gealterten, matten“ Körper reduziert wird.
Was sehr geholfen hat: neue Kleidung und neue Gedanken
Erst fühlte ich mich fremd in meinem neuen Körper, dann unwohl, weil ich ihn nicht schön fand. Aber ich habe gelernt, meinen Körper wieder zu mögen. Was mir dabei sehr geholfen hat, waren neue Kleidung und neue Gedanken. Ich shoppe mittlerweile fast nur noch bei feministischen Labels mit Schnitten für verschiedene Körperformen und Models, die diese repräsentieren. Es ist Kleidung, die für den „female gaze“ designt ist, und nicht für den männlichen Blick. Bequem, stylisch, cool – aber nicht gemacht, um vermeintliche Problemzonen zu verstecken oder Rundungen zu betonen. Kein Bauchweg, kein Push-up, kein „Kaschieren“. Sondern: Wohlfühlen. Spaß haben. Ausstrahlen.
Am meisten hat mir aber geholfen, offen über all diese körperlichen Veränderungen und meinen Struggle damit zu reden – mit Freund:innen, mit anderen Müttern, meinem Partner. Und sogar mit Fremden. Zu verstehen, warum es zu diesen Veränderungen kam, zu verstehen, warum ich mich so falsch in meinem Körper fühlte. Zu wissen, dass ich damit nicht allein bin.
Vielleicht zum ersten Mal überhaupt trage ich nun Outfits, die nicht formen und kaschieren, sondern Spaß machen, und ziehe auf Fotos nicht den Bauch ein. Wenn ich mich heute im Spiegel betrachte, sehe ich einen Körper, der Unglaubliches geleistet hat, und der mir gehört. Und fühle mich schön.