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Horror-Party: Wenn Mundgeruch die Feier verdirbt

Auf der Teenager-Scham-Skala befindet sich Mundergeruch bekanntlich auf einer Stufe mit Schweißflecken und Pickeln am Kinn. Das wurde der Geburtstagsparty zum Verhängnis, auf der unsere Autorin zu Gast war.
Illustration: Daniela Rudolf-Lübke

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Man vergisst leicht, dass Feiern nicht immer nur spaßig ist. In dieser Serie erzählen wir deshalb von den schlimmsten Partys, auf denen wir in unserem Leben waren. Viel zu viel Alkohol, grässlich langweilige Verwandte, emotionale Tiefpunkte – es gibt ja viel, das eine Feier vermiesen kann. Falls du selbst von einer schlimmen Party erzählen willst: Schreib uns eine Mail an info@jetzt.de!

Horrorstufe: 7 von 10

Center of Attention: der Mundinnenraum

Trinkverhalten: Bier, Bier, Bier

Noch heute – zehn Jahre später – ist es mir unangenehm, wenn ich Lena, der Gastgeberin, in meinem Heimatdorf über den Weg laufe. Lena feierte damals nämlich mit allem Drum und Dran ihren 18. Geburtstag, es sollte ein legendäres Fest werden. Dank einer vermeintlich guten Idee von mir endete das Ganze aber mit einem Haufen verschämter Teenager und einer in Tränen aufgelösten Gastgeberin. Eins ist sicher: Ich war an diesem Abend mit Abstand der schlimmste Gast. Und Lena, wenn du das liest: Es tut mir immer noch leid. 

Aber von vorne. Es fing mit einer Einladung zu ihrem Geburtstag und der Bitte an, dass alle, die kommen, etwas fürs Buffet mitbringen sollen. Buffet, das kam uns sehr erwachsen vor damals. Und tatsächlich: Lenas 18. Geburtstag sollte der glamouröseste und coolste Geburtstag sein, den die Dorfjugend je gesehen hat. Location: Sportheim, mit richtiger Bar und einer soliden Soundanlage, fernab von Eltern. Ich überlegte zusammen mit einer anderen Freundin, was für einen besonderen Snack wir auf die Party mitbringen können, der Lenas Ansprüchen gewachsen ist. Wir wollten selbst etwas zubereiten, und es sollte besonders sein. 

Nach einigen Hin und Her einigten wir uns darauf, Bruschetta mitzubringen. Das klingt sehr fancy, aber dauert nicht lange vorzubereiten. Uns schien das eine wirklich gute Idee zu sein. Hätten wir die Tragweite dieser Entscheidung geahnt, hätten wir vielleicht nochmal nachgedacht, und einfach Käsespieße mitgebracht. Aber die ganze Aufregung vor der Party (etwa welche süßen Fußball-Jungs wir kennenlernen würden), lenkte uns wohl etwas ab. 

Beim Kochen eskalierten wir – und zwar ausgerechnet mit dem Knoblauch 

Beim Durchlesen des Rezepts fiel uns auf – ja, wir waren jung und wurden zu Hause bekocht, benutzten also wirklich ein Rezept –, dass eine der wenigen Zutaten Knoblauch war. Davon hatten wir in unserer Küche sehr viel. Und frisch war der auch. Damit man den Knoblauch „auch wirklich schmeckt“ rieben wir die Ciabatta-Brotscheiben sehr, sehr gründlich ein. Während wir also in der Küche standen und aufgeregt darüber mutmaßten, welche süßen Typen wir wohl gleich treffen, und was wir anziehen werden, eskalierten wir nebenher mit dem Knoblauch. Ja, man muss es echt so nennen: Am Ende hatten wir jede Ciabatta-Scheibe mit mehreren Zehen Knoblauch eingerieben. Probiert haben wir es nicht, weil wir uns den Hunger für die ganzen feinen Snacks vom Buffet aufheben wollten.

Triumphierend trafen wir mit dem Blech voller Bruschetta auf der Party ein. Lena freute sich, wir waren happy und stellten das Blech zum Buffet. Es waren schon ziemlich viele da (ja, auch die Fußballjungs), es wurde gut getrunken und ausgelassen geredet und getanzt. Ein vielversprechender Start in die Party. (Aber man soll den Abend ja nicht vor den Vorspeisen loben.)

Mundgeruch ist auf der Teenager-Scham-Skala auf einer Stufe mit Schweißflecken und Pickeln am Kinn: absoluter Horror

Eine Stunde nach unserer Ankunft tippte mir die erste Person auf die Schulter. Hinter vorgehaltener Hand wurde ich gefragt, ob ich denn zufällig einen Kaugummi hätte? Ich schüttelte den Kopf und kicherte verlegen. Wenn man als Teenager auf einer Party dringend einen Kaugummi braucht, bedeutet das meistens, dass man vor dem Knutschen noch schnell die Alkoholfahne überdecken will. Oder eben, dass man wirklich üblen Mundgeruch hat. Gerade zweiteres ist auf der Teenager-Scham-Skala ungefähr auf einer Stufe mit Schweißflecken und reifen Pickeln am Kinn: Der absolute Horror. 

Spätestens als ich beim Ausflug auf die Toilette beim Waschbecken jemand beobachtete, der versuchte, seinen Mund auszuspülen, realisierte ich, dass meine Freundin und ich statt glamourösen Entree wohl einen ziemlichen Party-Patzer abgeliefert hatten. Sofort stürmte ich los und versuchte das Blech mit den Bruschetta aka den Knoblauch-Stinkbomben zu verstecken. Aber es war zu spät. Hauptthema der Party war nur noch: „Hat irgendjemand einen Kaugummi?” Ein Typ meinte sogar, dass er kurz heimgehen würde, um sich schnell die Zähne zu putzen. Auch der Abstand zwischen den Menschen wurde immer größer, die meisten saßen nuckelnd an ihrem Bier in einer Ecke der Eckbank – als ob man mit Biergeruch den Knoblauchgestank übertönen könnte. Kommuniziert wurde fast nur noch mit Mimik und Gestik. 

Eins war klar, auf dieser Party würde niemand mehr knutschen, auf dieser Party würden keine legendären Geschichten entstehen und am schlimmsten: auf dieser Party will gerade niemand mehr sein. Und tatsächlich war sie dann auch bald vorbei. Es war gerade mal 24 Uhr, Lena wurde 18 und selbst in diesem Alter war allen klar, dass eine ordentliche Knoblauchfahne der Tod des Glamours ist. Ein mieser Abend für Lena, die weinend draußen saß und getröstet wurde, weil sich die meisten Gäste verfrüht verabschiedeten. Und für mich, die irgendwie zu verantworten hatte, dass die Stimmung auf der Party komplett gekillt worden war.

Was ich aus dieser Horror-Party gelernt habe: Liebe geht durch den Magen – oder wenn es blöd läuft eben nicht. Und: Seitdem bringe ich nur noch Käsespieße mit. Oder konzentriere mich beim Kochen zumindest mehr auf das Rezept als auf süße Fußballjungs.

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