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Wie Eltern auch ein Paar bleiben

Illustration: Daniela Rudolf-Lübke

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In dieser Kolumne geht es um Schwangerschaft und Eltern-Sein, um die Hürden, das Glück, die Mythen rund ums Thema Baby. Unsere Autorin ist Mutter einer dreijährigen und einer einjährigen Tochter. Folge 26: Wie man nicht nur für die Kinder da ist, sondern weiterhin auch füreinander.

„Wir sind ein gutes Team, aber wir sind kein Paar mehr“ – so fasste mir ein befreundeter Vater mal seinen Beziehungsstatus zusammen. Wenn es um die Versorgung der Kinder und den Haushalt ginge, würden er und seine Partnerin zwar super funktionieren. Interessante Gespräche, Sex oder Kuschelzeit auf dem Sofa hätten sie aber gar nicht mehr. Alles, was ihre Beziehung einmal ausgemacht hatte, schien von der Sorgearbeit verdrängt worden zu sein.  

Kinder stellen das Leben auf den Kopf, davon kann auch ich ein Lied singen: Der Alltag verändert sich, der Haushalt bietet mehr Konfliktpotential als zuvor und auch Urlaub wie früher ist nicht mehr möglich. Eltern haben weniger Zeit für sich selbst, für Freund:innen oder für Hobbys. Mein Mann und ich sehen uns zwar täglich, aber so gut wie immer in unserer Funktion als Eltern oder Haushaltsplaner:innen, nicht als Liebespaar. Morgens werden wir von den Kindern geweckt, nach dem Frühstück bringe ich sie in die Kita und fahre direkt weiter zur Arbeit. Wenn ich abends heimkomme, wartet meine Familie schon zuhause auf mich und wenn die Kinder dann gegen 20, 21 Uhr schlafen, müssen mein Mann und ich entweder noch irgendwelchen Haushaltskram machen. Oder einer von uns trifft sich noch mit Freund:innen, während der oder die andere auf die Kinder aufpasst. Oder wir sind schlicht zu müde und erschöpft, um noch irgendwas gemeinsam zu machen.

Vor den Kindern haben wir zusammen einen Teamsport gemacht, sind regelmäßig essen gegangen, haben gemeinsam Serien oder Filme gebingewatcht. Sonntags haben wir oft stundenlang gefrühstückt und gequatscht und wochentags haben wir fast jeden Feierabend zusammen verbracht. Mit zwei kleinen Kindern sind solche Momente seltener geworden. Oder haben sich stark verändert. Seit wir Eltern sind, haben mein Mann und ich vor allem den Alltag zusammen – und der ist bestimmt von Care-Arbeit. Manchmal wirkt es sogar so, als ob unsere Kinder uns aktiv auseinanderhalten wollen: Oft dürfen wir uns nicht umarmen, uns nicht küssen. Die Kinder rufen dann „Neeeeein!“ und drängen sich zwischen uns. Das ist tatsächlich recht normales Verhalten von Kleinkindern, die noch lernen, wie sie damit umgehen, wenn sie nicht die gesamte Aufmerksamkeit von Mama oder Papa bekommen. Ein Sonntagsfrühstück als Familie ist dadurch immer noch etwas Schönes, häufig kommen mein Mann und ich aber nicht mal dazu, einen einzigen Satz in Ruhe zu wechseln.

Natürlich verbindet es auch ungemein, ein gemeinsames Kind zu haben. Man hat ein Leben zusammen geschaffen, hat die Geburt gemeinsam erlebt, trägt gemeinsam Verantwortung. Mit niemandem kann ich meinen Stolz, meine Begeisterung für jeden kleinen Entwicklungsschritt meiner Kinder so gut teilen wie mit meinem Mann. Wie oft schicken wir uns Fotos der Kinder hin und her oder lachen über Nacherzählungen von gemeinsamen Erlebnissen mit ihnen? Man ist eben nicht mehr nur ein Paar, man ist auch durch die Elternschaft vereint. 

Nach dem Auszug des letzten Kindes steigt die Wahrscheinlichkeit einer Trennung kurzzeitig

Trotzdem ist es wichtig, sich auch neben der Elternschaft etwas Verbindendes zu erhalten. Ein Grund, zusammen zu sein, auch ohne die Kinder. Sonst sind die irgendwann aus dem Haus und man merkt, dass man sich nichts mehr zu sagen hat. Dass die Trennungswahrscheinlichkeit nach dem Auszug des letzten Kindes (oder auch dem Eintritt in die Rente) kurzzeitig ansteigt, wird auch Empty-Nest-Syndrom genannt. Denn die Übergangszeit bietet viel Konfliktpotential und Enttäuschungen, wenn man nicht die gleichen Vorstellungen davon hatte, wie die neu gewonnene Zeit verbracht wird.

Wie also verliert man sich nicht als Paar in Phasen, in denen die Kinder jegliche Freizeit nehmen? Denn die gibt es, immer wieder erleben wir Tage oder Wochen, in denen mein Mann und ich zwar ein gutes Team sind, aber ansonsten quasi aneinander vorbeileben. Das ist ziemlich normal für Paare mit kleinen Kindern, sagte auch die Paartherapeutin des befreundeten Vaters. Sie schlug ihm und seiner Partnerin eine regelmäßige Date-Night vor: Einmal in der Woche abends etwas gemeinsam unternehmen, nur als Paar. Voraussetzung dafür ist eine Kinderbetreuung durch Großeltern oder einen Babysitter.

Die Betreuung durch Verwandte ist bei uns nur selten möglich und ich würde gerne warten, bis unsere jüngste Tochter richtig sprechen kann, bevor wir uns um eine Babysitterin bemühen. Bis dahin machen mein Mann und ich Micro-Dates: Wochentags stehen wir beide früher auf als es sein müsste, um einen Kaffee zusammen zu haben und abends versuchen wir, egal wie müde wir sind, uns zumindest ein paar Minuten allein hinzusetzen und über unseren Tag zu sprechen. Kleine Aufmerksamkeiten wie der Blumenstrauß, den mir mein Mann beim Gassigehen mit dem Hund pflückt, pflegen die Beziehung. Sicher hilft uns im Alltag auch, dass wir ähnliche Priorisierungen von Me-Time und Zeit mit Freund:innen haben. Bei einer Freundin von mir sieht das etwas anders aus: Sie würde gerne jede freie Minute mit ihrem Partner verbringen, der seine Freizeit für ihren Geschmack zu häufig mit seinen Freunden füllt.

Unsere Micro-Dates sind auf Dauer auch kein Ersatz für echte gemeinsame Zeit als Paar – müssen sie aber auch nicht. Letzten Endes ist die Zeit auf unserer Seite. Je älter die Kinder werden, je selbstständiger sie sind, desto mehr Freiräume bekommen mein Mann und ich spürbar zurück. Für me-Time, für Freund:innen, für Hobbys. Und füreinander. 

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