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„Den ersten Liebeskummer vergisst du nicht“

Frederick Lau, 31, spielt in dem neuen Film „Generation Beziehungsunfähig“ zwar den verzweifelten Single Tim – im echten Leben ist er aber seit einigen Jahren verheiratet.
Foto: GER GNBZG Special Photography

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In der Mixtape-Kolumne unterhält sich Jan Limpert mit kreativen und musikalischen Köpfen über ihre Lieblingssongs – und packt sie für euch in eine Spotify-Playlist.

Frederick Lau ist nicht nur einer der erfolgreichsten Schauspieler Deutschlands, sondern auch ein Workaholic. Die Liste der Filme und Serien, in denen der 31-Jährige mitgewirkt hat, ist entsprechend lang: von Kultserien wie „4 Blocks“ oder „Doctors Diary“ bis zu Filmen wie „Betonrausch“ oder „Oh Boy“, um nur ein paar zu nennen. Ebenso divers ist die Playlist seiner Lieblingssongs. Im Gespräch wurde schnell klar, dass für Frederick Lau Musik und Schauspiel stark zusammenhängen. In seinem aktuellen Film „Generation Beziehungsunfähig“ durchlebt er in seiner Rolle als Tim die Ups and Downs des Single-Lebens. Immer mit dabei: Musik von AnnenMayKantereit, eine von Frederick Laus Lieblingsbands.

Frederick Laus Mixtape: 

jetzt: Songs von AnnenMayKantereit hört man mehrere Male in „Generation Beziehungsunfähig“. „Hinter klugen Sätzen“ ist sogar einer deiner Lieblingssongs. Warum?

Frederick Lau: Ich saß eines Tages im Bett und dachte mir, dass der Song auf uns alle zutrifft. Wir alle tun ja so, als ob wir was wissen oder wir geben vor, irgendjemand zu sein, der wir nicht sind. In Verbindung mit dem Film ist es ja so, dass man denkt, unsere Rollen haben die Weisheit mit Löffeln gefressen. Ich glaube, dass man sich darin wiedererkennen kann. 

Bereitest du dich eigentlich auch mit Musik auf Filmdrehs vor? Also machst du dir etwa Gedanken, welche Musik deine Rolle hört?

Das mache ich schon – gerade für den letzten Film, den ich gedreht habe, „One for the Road“. Da habe ich mich intensiv darauf vorbereitet und „Blackbird“ von den Beatles gehört. Das schießt mich so sehr in einen Moment rein. Musik ist da das direkteste Medium. Es gibt auch Regisseure, die am Set Musik spielen lassen, um in die Situation besser reinzukommen. Und ganz viele Leute schreiben sogar die Drehbücher auf Musik, also erst ist Musik da und dann wird der Film drum herum gebaut. Musik ist überall und prägt dich immer irgendwo, in jeglicher Hinsicht. Du musst nur einen Ton hören und agierst und reagierst dann schon. Ich bin jemand, der sensibel für jegliche Geräusche ist – fast schon manchmal too much. Es gibt einen Film, der heißt „Picco“ und da haben wir komplett ohne Musik gearbeitet. Da merkst du, wie beklemmend Stille ist. Das macht etwas mit dir. Eigentlich wirst du nämlich von Musik getrieben, sie macht alles lebendiger.

Könntest du dir vorstellen, selbst Musik zu machen?

Ich will vielleicht irgendwann wirklich mal musikalisch was machen. Es muss aber aus einem sprechen. Genauso, wenn ich ein Drehbuch schreibe oder einen Film machen will, dann muss es passend und stimmig sein. Ich finde alle künstlerischen Formen interessant, deshalb würde ich niemals nie sagen. Kommerzieller Erfolg ist mir da kackegal. Es geht darum, dass man es für sich selbst macht – und wenn es auch noch mit anderen Leuten etwas macht, dann ist das doch positiv.

„Man wird ja auch immer begleitet von Musik, manchmal auch unfreiwillig“

Im Film singst du tatsächlich auch selbst als Tim mit Liebeskummer den Song „Du bist anders“. Ich finde, das Lied fasst den Film komplett zusammen: Zwei Menschen, die etwas füreinander empfinden, aber nichts auf die Reihe kriegen, weil es immer Optionen oder Befindlichkeiten gibt. Der Gitarrist von Wanda hat mal gesagt „die große Liebe ist eine Entscheidung“. Genau darum geht’s doch in „Generation Beziehungsunfähig“.

Ich glaube auch, dass Liebe Vertrauen ist und sich entscheiden. Wir sind aber in einer Generation, die sich nicht entscheiden möchte. Du hast es vielleicht sogar verlernt zu sagen, du bist die Person, ich möchte dich gerne kennenlernen und ich öffne mich. Ein anderes großes Problem in der Liebe ist, dass du von Beziehung zu Beziehung – oder sagen wir von Verletzung zu Verletzung ­– mehr geschädigt bist. Du kannst nie bei null anfangen, weil du denkst, das gleiche könnte dir wieder passieren. Du hast ganz viele Narben, die immer da sind. Die Älteren haben immer gesagt, der erste Liebeskummer geht weg und dann geht’s weiter. Daran glaube ich nicht. Den ersten Liebeskummer vergisst du nicht und er wird dich immer irgendwo prägen und schädigen. Einem jungen Menschen das zu erklären, ist aber unheimlich schwer.

Wir alle haben doch mindestens einen Song, der auf der schwarzen Liste steht, weil er an eine Trennung erinnert. Welcher ist deiner?

Ich glaube, es war „Underneath your Clothes“ von Shakira oder sowas. Ich weiß nicht warum – es ist ja nicht so, dass ich den Song feiere. Aber irgendwie war der zu der Zeit da und man wird ja auch immer begleitet von Musik, manchmal auch unfreiwillig. Mittlerweile sind wir ja technisch weiter. Eigentlich ganz geil, dass wir uns jetzt durch Musik entscheiden können, wie wir uns fühlen wollen.

Du hast mir im Vorfeld eine Liste deiner Lieblingssongs geschickt – du bist schon ziemlich vintagemäßig drauf.

Ich spüre handgemachte Musik vielmehr. Mir geht es immer viel um die Emotion, die die Songs auslösen. Früher hast du die Texte auf Englisch gar nicht verstanden, sondern nur gefühlt. Aber trotzdem haben sie das Richtige transportiert. Jetzt hört man sie nochmal anders – man lernt quasi nie aus. Es gibt auch neue Musik, die ich feiere. Ich bin da aber echt musikalisch fast schon etwas zurückgeblieben.

Ich sag‘ zu jedem, dass du niemals so sein wirst, wie die Leute, die von oben kommen

Bei „Gimme! Gimme! Gimme! (A Man After Midnight)“ kann man sich bildlich vorstellen, wie du zu diesem Track abgehst.

Das ist auch so! Ich habe den letztens nochmal gehört und ich glaube, dass er in Wirklichkeit voll der House-Track ist. Das ist so ein Party-Song! Den kannst du vom Beat her und von der Melodie eigentlich genauso in die Jetzt-Zeit schmeißen und es würde keinem auffallen. Er ist zeitlos, treibend und man kann dazu gut abgehen. Was ich aber auch liebe, ist „Goldener Reiter“ – auch ein guter Party-Song. Da sollten mal alle auf den Text achten.

Das muss du genauer erklären.

Der Chorus ist uninteressant, aber gerade auf die Strophen dazwischen sollte man hören. Der Protagonist des Songs ist eigentlich auf dem Weg zur Nervenklinik, weil er verrückt gemacht wurde. Der Song ist wie ein Road-Movie. Und er ist für mich eine Aufforderung, sich nicht der Norm zu beugen und nicht das zu machen, was die Gesellschaft dir vorschreibt. Wichtiger Song!

Sich nicht anpassen zu wollen – ist das deine Lebenseinstellung?

Ich sag’s so: Ich komme nicht aus bestem Hause. Wenn du von unten kommst, probierst du gesellschaftstauglich zu sein. Ich sag’ zu jedem, dass du niemals so sein wirst, wie die Leute, die von oben kommen. Und das musst du auch gar nicht. Aber es ist interessant, dass Leute, die aus dem Dreck kommen, Feuer und Flamme sind, sich da oben zu sehen. Es ist so ein Nonsense, denn es wäre so langweilig, wenn alle gleich wären. Jeder sollte sich dafür lieben, dass er einzigartig ist.

Du interessierst dich auch sehr für HipHop und Rap. Lass uns über einen Track sprechen, bei dem dich das Sample fasziniert hat.

Ja, ich bin voll das 90’s-Kid! Adina Howard’s „Freak Like Me“ ist eine ganz, ganz große Nummer für mich. Es ist der ideale Sommer-Song. Und wenn du dann noch das Video im Kopf hast! Es hat einfach alles so einen geilen Flair – nicht zu drüber, freudige Energie kommt da so durch. Fast schon California-Style. Den kann man bis zum Ende hören, weil er auch so schön ausklingt.

Was hältst du von der aktuellen Rap-Szene?

Ich bin leider irgendwann rausgeflogen bei diesem Auto-Tune-Zeugs. Das „All Eyes on Me“-Album von Tupac war damals einfach das Königsalbum für mich. Ich kenne noch Deutsch-Hip-Hop, Berliner Battle-Rap, als es noch als Assi-Rap verpönt war – die Songs waren noch auf dem Index. Heute ist das Gang und Gäbe. Mir ist es mittlerweile aber ein wenig zu schnelllebig, so wie wir auch im Film über dieses ganze Tinder-Ding erzählen. Zack, Zack, Zack. Es geht immer um den nächsten Hit, den nächsten Kick – oder wie bei unserem Film - um den nächsten Fick. Qualitativ finde ich es teilweise nicht mehr so stark, weil vieles gleich klingt. Es ist halt Geldmacherei.

Gab es ein Schlüsselerlebnis für dich – filmisch und musikalisch – auf dem deine Karriere aufgebaut hat?

Da war ich in der 3. oder 4. Klasse, Berliner Straßenjunge, und wir waren gemeinsam auf Wandertag. Wir waren bei den Berliner Philharmonikern in „Die Moldau“ von Bedřich Smetana. Das war klassische Live-Musik. Und ich sag dir, jeder Störenfried saß da und war geflasht. Ich kriege gerade Gänsehaut, ich werde es nie vergessen, wie diese Musik uns Deutschrap-Kinder eingenommen hat. Auch die Lyrik, die Geschichte, die da erzählt wird – das war für mich ein krasses Ereignis, das mich für Klassik geöffnet hat, obwohl ich das nicht jeden Tag höre. In jeder Musik gibt es Sachen, die einen mitreißen und begeistern und die muss man sich einfach nur suchen! Man darf nicht sagen: „Ich höre nur Rap!“ Es gibt genauso geilen Electro oder Metal. Deswegen muss man auch Leuten zuhören, die andere Musik hören.

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