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Horror-Party: Zehn Bier und Gras-Asche

Illustration: Daniela Rudolf-Lübke

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Man vergisst leicht, dass Feiern nicht immer nur spaßig ist. In dieser Serie erzählen wir deshalb von den schlimmsten Partys, auf denen wir in unserem Leben waren. Viel zu viel Alkohol, grässlich langweilige Verwandte, emotionale Tiefpunkte – es gibt ja viel, das eine Feier vermiesen kann. Falls du selbst von einer schlimmen Party erzählen willst: Schreib uns eine Mail an info@jetzt.de! 

Horrorstufe: 6 von 10

Center of Attention: Mein Erbrochenes

Trinkverhalten: Wenn es doch nur bei Alkohol geblieben wäre ...

Vor meinem Studium bin ich nie feiern gegangen. Ich hatte mehrmals Schulen und Klassen gewechselt und deshalb kaum Anschluss gefunden. In den Pausen saß ich auf den Treppen und las Bücher, und fühlte mich eher wie ein Außenseiter. Aber in der Uni änderte sich das ein wenig – und damit besuchte ich auch endlich meine ersten Partys. Was mir damals aber nicht bewusst war: Feiern will gelernt sein. An diesem Abend vor vier Jahren habe ich auf jeden Fall eine Lektion bekommen. 

Die klassische Außenseiter*in-goes-Pothead-Story

In meinem ersten Semester lernte ich Dorian kennen, der etwas älter als ich ist und schon länger studierte. Wir trafen uns zum ersten Mal in der Orientierungswoche, er hatte sein Fach gewechselt. Dorian war ein lustiger Kollege, der mich mit seinen Witzen öfter bis zum Lachkrampf brachte. Wir trafen uns immer wieder, redeten lange, betranken uns und kifften auch manchmal zusammen – natürlich stilecht aus einer selbstgemachten Eimer-Bong. Die klassische Außenseiter*in-goes-Pothead-Story also. Nur die Red Flags habe ich an Dorian dabei übersehen: Zum Beispiel war Dorian eigentlich ziemlich offensichtlich schon länger abhängig von Alkohol und Cannabis. Aber mit Anfang 20 hat man halt oft eher andere Sorgen. 

Auch an diesem  Abend dachte ich, dass wir es eher entspannt angehen lassen. Aber schlimmer als an diesem Abend wurde es nicht mehr. Dorian hatte mich nämlich zu Lukas eingeladen, einem Freund von ihm, den ich bisher nur vom Sehen kannte. Als ich ankomme, sind schon etwa 20 Leute da. Ich bin überrascht, ich hatte damit gerechnet, dass wir eher so zu fünft wären. Und natürlich kenne ich niemanden. Meine Hände schwitzen. Zögerlich setze ich mich auf das Sofa neben die anderen Gästen und höre erst mal zu. Dorian reißt wie immer Witze. Ich greife zum Bier, um ein wenig zu entspannen und mir etwas Mut anzutrinken.

Und dann hab ich eine richtig bescheuerte Idee

Und weil ich ja ein Feier-Frischling bin, kann ich Alkohol überhaupt nicht einschätzen. Ich trinke schnell. Ein Bier, zwei Bier, drei Bier, vier, fünf, sechs …. Während ich mich ziemlich abschieße – und es nicht mal merke – verlagert sich die Party irgendwann vom Wohnzimmer in das Zimmer von Lukas. Der zaubert einen kleinen Beutel Gras hervor, den ich ihm glatt für einen Zehner abkaufe. Warum ich dachte, dass ich das jetzt brauche, keine Ahnung. Eigentlich war ich ja schon ziemlich locker, vielleicht sogar zu locker. Ich setze mich aufs Sofa und rauche das Gras in der Bong, die mir Lukas gibt.

Und dann hab ich eine richtig bescheuerte Idee. So einen klassischen Party-Einfall, à la „es könnte jetzt lustig sein, wenn...“ – und dann ist es am Ende eine angedüdelte Katastrophe. So eine Idee, die man im nüchternen Zustand nicht nur verwerfen, sondern auf die man nicht mal kommen würde. Ich erinnere mich in meinem nebulösen Zustand an etwas, das ich mal gehört hatte: Nämlich, dass es richtig witzig sei, die Asche von Cannabis nochmal zu rauchen. Und Spoiler: Es ist null witzig. Und ziemlich sicher ist es auch richtig ungesund. Aber das musste ich erst mal selbst rausfinden: Ich füge in den Bongkopf noch etwas Tabak hinzu, damit sich die Masse besser erhitzt, halte das Kickloch zu und entzünde den Tabak mit einem Feuerzeug, während ich inhaliere.

Einige Minuten später sitze eingesackt auf dem Sessel und halluziniere vor mich hin. Pulsierende Figuren und Formen tauchen in meinem Gesichtsfeld auf. Ich starre nur noch in die Dunkelheit und fühle mich schwerelos. Wie lange saß ich da? Eine Stunde? Vielleicht nur fünf Minuten? Mir wird schwindelig, ich fühle, wie die Erde sich dreht. 

Dann kommt es wie es kommen musste: Ich übergebe ich mich auf den Boden. Heim kann ich in diesem Zustand nicht mehr, das ist wohl allen klar. Richtig Sorgen macht sich aber auch niemand: Dorian bringt mich einfach in die Küche, wo er mich auf einer Isomatte ablegt und mich mit meiner Jacke zudeckt. Ein Krankenpfleger wird wohl nicht mehr aus ihm – so richtig scheint es ihn nicht zu kümmern, wie es mir geht. Trotzdem schlafe ich ein.

Ich will nur noch nach Hause, renne aus dem Haus in die nächste Stadtbahn

Pünktlich um 6 Uhr morgens wache ich schweißgebadet auf. Schwindlig und schlecht ist mir nicht mehr, aber runter von meinem Trip bin ich noch immer nicht. Ich will nur noch nach Hause, renne aus dem Haus in die nächste Stadtbahn. Ohne Ticket. Ich blicke panisch nach links, rechts, links, rechts. Eine Frau in der Bahn starrt mich an. Ich starre zurück. Zuhause angekommen dusche ich, putze ich meine Zähne und lege mich nochmal für eine Stunde ins Bett. Um acht Uhr beginnt mein Tag voller Vorlesungen und Seminare – zu denen ich mich tatsächlich schleppe. Ich bin ein bisschen erleichtert, weil meine „super Party-Idee“ offenbar keinen größeren Schaden bei mir angerichtet hat. Nach acht Stunden (ich sollte einen Orden bekommen, weil ich das durchgestanden habe!) treffe ich Dorian zufällig vor der Uni. Anstatt mich zu fragen, wie es mir geht, zeigt er mir grinsend Fotos, wie ich auf dem Sessel sitze und vor mir mein Erbrochenes liegt. Was für ein Idiot. 

Abends fühle ich mich wieder einigermaßen fit im Kopf und lasse ich mich ins Bett fallen. Zu früh gefreut. Ich wache mit Fieber auf. Meine Schwester bringt mir Tee und Medikamente vorbei. Offenbar war das alles ein bisschen viel – und mit den falschen Leuten. Mir werden zwei Dinge klar: Ich lasse die Finger von diesem Zeug. Und lösche die Nummer von Dorian.

* Unser*e Autor*in will nicht, dass sein Name auf ewig mit seiner*ihrer dümmsten Party-Idee assoziiert wird. Deshalb bleibt er*sie in dem Text lieber anonym.

Außerdem: In dieser Folge geht es ums Kiffen. In Deutschland soll es rund 3,7 Millionen Menschen geben, die Marihuana konsumieren– und längst nicht alle kiffen aus medizinischen Gründen. Zum Feiern gehört es für viele dazu, deswegen haben wir uns entschlossen, diese Geschichte zu erzählen. Wenn du wissen willst, wie gefährlich Kiffen wirklich ist, schau doch mal hier vorbei. 

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